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Offene Fragen bezüglich „Cannabis im Straßenverkehr“


 Wiesbaden. Fragwürdige Regelungen im Bereich „Cannabis im Straßenverkehr“ thematisiert die linke hessische Landtagsabgeordnete Marjana Schott (Kassel) zunächst mit zwei kleinen Anfragen (Hanf Journal 11/2010 berichtete). Inzwischen liegen die Antworten des Hessischen Ministeriums vor. Die Antworten enthalten interessante Informationen, offenbaren andererseits aber fehlende Informationsgrundlagen und fehlende Problemerkenntnis auch im hessischen Verkehrsministerium:
„Im Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr unter dem Einfluss von Cannabis findet keine Differenzierung zwischen relativer und absoluter Fahruntüchtigkeit statt. Es ist im Einzelfall die Feststellung der Fahruntüchtigkeit anhand einer umfassenden Würdigung der Beweisanzeichen erforderlich.“ „Als Hilfsmittel zur Verdachtsschöpfung verwendet die hessische Polizei Urin-Tauchtests, bei denen inaktive THC-Carbonsäure auch mehrere Tage nach Cannabis-Konsum nachweisbar ist.“ Die Schnelltests können von Betroffenen verweigert werden. Allein die Verweigerung des Schnelltests ist keine ausreichende Begründung für eine Blutentnahme: „Weitere Beweisanzeichen, z.B. besondere Verhaltenssymptomatiken oder neurologische Auffälligkeiten sowie eigene Einlassungen“ sind für einen begründeten Verdacht erforderlich. Betroffene können den Schnelltest verweigern und sollten ihr Schweigerecht nutzen. „Statistiken, inwieweit ein - ggfls. auch ohne Einsatz eines Drogenvortests - vermuteter Cannabis-Konsum durch das Ergebnis einer Blutprobe bestätigt wird, liegen nicht vor. Nach den Einschätzungen der polizeilichen Praxis liegt die Bestätigungsquote bei ca. 90%.“
In Statistiken wird lediglich die Eingruppierung „Einfluss anderer berauschender Substanzen (anderer Substanzen als Alkohol / illegaler Drogen und legaler psychoaktiver Substanzen / Medikamente)“ erfasst. Eine erforderliche Unterscheidung nach einzelnen Substanzen fehlt weiterhin. Während 2003-2009 13.060 Verkehrsunfälle mit Personenschaden unter Alkohol erfasst sind, sind dies unter Einfluss anderer berauschender Mittel nur 949.
Zu den Antworten erklärt der kompetente und engagierte Frankfurter Anwalt Dr. Leo Teuter: „Es ist festzustellen, dass die Landeregierung die Größenordnung des Problems „Fahren unter Cannabiseinfluss“ offensichtlich gar nicht kennt und deshalb die Verhältnismäßigkeit der eingesetzten Maßnahmen gar nicht beurteilen kann. Interessant finde ich die Angaben des Staatsministers Rhein, der in einer Antwort einerseits sagt, das Problem Alkohol sei nach den vorliegenden Zahlen deutlich größer (15 bis 20 mal so groß), da dieses Ergebnis aber nicht „passt“, wird über eine Dunkelziffer spekuliert. Grundsätzlich ist eine radikale Änderung der „Drogenpolitik“ zu fordern, da die Drogenprohibition teuer, erfolglos, kontraproduktiv und letztlich auch unbegründbar ist. (Buch-Tipp: „Die Drogenlüge“ von Mathias Bröckers). Für den engeren Bereich des Straßenverkehrs ist zu fordern, dass die FeV (Fahrerlaubnisverordnung) und die Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung dringend unter Einbeziehung kritischer, d.h. nicht der „Anti-Drogen“-Fraktion angehörender Wissenschaftler überarbeitet werden müssen, denn die letzte Auflage stammt wohl aus dem Jahre 2000.“
In einer kurzen Stellungnahme äußert die Antragstellerin der kleinen Anfragen, Marjana Schott: „Im Blut kann aktives THC noch bis zu 24 Stunden nach dem letzten Konsum nachgewiesen werden. Da der derzeit angewendete Grenzwert von 1 ng auch bei „gelegentlichem Konsum“ noch nach 20 Stunden überschritten werden kann, sind Cannabis-KonsumentInnen auch ohne akut berauschte Teilnahme am Straßenverkehr (ein Joint wirkt lediglich bis zu höchstens 3-4 Stunden) von rechtlichen Maßnahmen wie Bußgeldverfahren oder Überprüfung der Fahrtauglichkeit bedroht. Dies ist eine Ungleichbehandlung von Cannabis und Alkohol: Handlungsbedarf besteht bei den angewendeten Grenzwerten und in der Klärung der äußerst schwammigen Unterscheidung von „regelmäßigem“ bzw. „gelegentlichem“ Konsum. Wer Konsum und die Teilnahme am Straßenverkehr trennt, dessen Führerschein dürfte nicht eingezogen werden. Ist das Drogenscreening bei einer Begutachtung aber positiv oder es wird gelegentlicher Konsum eingeräumt, bestehen keine Chancen auf eine positive Begutachtung.“

 
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