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Cannabis als Medizin und Führerschein
Cannabis als Medizin gewinnt immer mehr an Bedeutung. Unter gewissen Voraussetzungen ist es heute möglich - wenn auch nicht einfach - für bestimmte Krankheitsbilder THC-haltige Medikamente, verschrieben zu bekommen. Selbst Anträge auf eine Ausnahmegenehmigung zum straffreien Anbau von Cannabis dürfen nicht pauschal abgelehnt werden und müssen genau geprüft werden.

Unabhängig von der Frage, in welcher Form (Dronabinol/Sativex/Blüten/Eigenanbau) Cannabis zu medizinischen Zwecken verwendet wird, hat dies auch Auswirkung auf die Fahrerlaubnis.
Beim Thema Fahrerlaubnis haben wir es hier mit drei wesentlichen Rechtsbereichen zu tun. Zwei davon betreffen das „Nüchternheitsgebot“ für eine Verkehrsteilnahme, und der dritte Bereich umfasst die Frage der generellen Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen.
Grundsätzlich dürfen zum Führen von Kraftfahrzeugen nur Personen zugelassen werden, die über die notwendige körperliche und geistige Leistungsfähigkeit verfügen und nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Regeln (z.B. das Nüchternheitsgebot) verstoßen haben.

Drogenfahrt bei THC Nachweis?
(§24a StVG)
Wenn ein Cannabis-Patient in eine Drogenverkehrskontrolle gerät, und es wird bei ihm der Wirkstoff THC festgestellt, hat dieser im Gegensatz zum „gemeinen Kiffer“ nicht zu befürchten, dass ihm aufgrund einer Drogenfahrt ein Bußgeld samt Fahrverbot und Punkte droht.
Der Gesetzgeber hat diesbezüglich festgeschrieben (§24a Abs.2 Satz 2 StVG), dass keine Ordnungswidrigkeit vorliegt, wenn die Substanz bestimmungsgemäß, sprich ärztlich verordnet, eingenommen wurde.

Trunkenheitsfahrt ?
(Straftat §316 StGB absolute Fahruntauglichkeit)
Für THC gibt es keinen Grenzwert, der auf eine absolute Fahruntauglichkeit schließen lässt. Werden aber neben einem positiven THC Befund weitere Tatsachen festgestellt, die auf eine absolute Fahruntauglichkeit schließen lassen, droht auch einem THC-Patienten ein Strafverfahren.
Bei einer Verurteilung erfolgt meist der Entzug der Fahrerlaubnis durch das Strafgericht, neben Sperrfrist und Geldstrafe.

Verkehrsgefährdung?
(§315c StGB)
Bei einem Unfallgeschehen auch ohne Personen- oder hohem Sachschaden wird es kompliziert.
Wird im Zuge einer Unfallaufnahme bei einem unfallbeteiligten Cannabis-Patienten THC im Blut nachgewiesen, wird auch hier unabhängig von der THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet. Hier droht dann ebenfalls der Entzug der Fahrerlaubnis über das Strafrecht (§69 StGB).
Für beide Strafrechtsbereiche (§ 316/315c StGB) sollte ein versierter Rechtsbeistand hinzugezogen werden. Im Strafverfahren sollte dann über Beweisanträge zu klären sein, inwieweit der festgestellte THC-Wert (für‘s Strafrecht gibt es keine Grenzwerte!) in einem Kausalzusammenhang zu den festgestellten Auffälligkeiten oder zum Unfallgeschehen steht.
Darüber hinaus obliegt dem Strafgericht in diesen Verfahren auch die Prüfung der Fahreignung, so dass bei einem laufenden Strafverfahren die Verwaltungsbehörde (noch) nicht eigenständig vor Rechtskraft des Urteils die Eignung anzweifeln oder gar ausschließen darf (MPU/Entzug).

Drogenfahrt und Eignung
Bei einem (un)möglichen Verkehrsverstoß im Ordnungswidrigkeitenbereich (abstraktes Gefährdungspotenzial) hingegen muss die Verwaltungsbehörde die Rechtskraft des Bußgeldbescheides, der im Zweifelsfall bei einer ordnungsgemäßen medizinischer Verwendung nie ergeht, nicht abwarten, um weitergehende Aufklärungsmaßnahmen (fachärztliches Gutachten/MPU) anzuordnen.
Bei einer bestimmungsgemäßen Einnahme von THC (Präparaten) liegt zwar kein Verkehrsverstoß vor, aber alleine die Tatsache, dass jemand dauerhaft Medikamente einnehmen muss, führt zu Zweifeln an der Fahreignung, die zwangsläufig eine Überprüfung der Fahreignung auf Kosten der Betreffenden nach sich zieht.

THC ist und bleibt THC
Ein weiteres Problem besteht darin, dass THC THC ist und auch THC bleibt, unabhängig von der Frage des Verwendungszweckes. Das heißt, wenn im Straßenverkehr ein positiver THC-Befund ermittelt wird, ergeht automatisch eine Meldung an die Führerscheinstelle (§2 Abs. 12 StVG).
Bei den Führerscheinstellen führt dies meist dazu, dass der Betreffende in die „Rubrik“ Cannabiskonsument eingestuft wird.
Dies hat zur Folge, dass entweder der Führerschein mit sofortiger Wirkung entzogen wird (fehlendes Trennungsvermögen/regelmäßiger Konsum), oder eine MPU angeordnet wird.

Die Fragestellung lautet dann meist:
"Liegt bei den Betreffenden ein Drogenkonsum vor, der die generelle Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausschließt, und ist zu erwarten, dass der Betreffende auch in der Zukunft ein Kraftfahrzug unter Einfluss von Betäubungsmitteln führen wird?"
Das Bestehen einer MPU mit Drogenfragestellung ist hierbei auch noch an einen Abstinenznachweis (frei von THC) gebunden, der durch einen Cannabispatienten kaum zu erbringen ist.

Cannabis-Patient oder Kiffer?
Bedingt durch die fehlenden Rechtsmittel bei einer MPU-Anordnung hat ein Patient formaljuristisch auch keine Möglichkeit, die behördliche „Fragestellung“ in Zweifel zu ziehen.
Dennoch sollte in diesen Fällen ein Rechtsbeistand hinzugezogen werden, da die „Fragestellung“ bei einer Dauerbehandlung mit Arzneimitteln eine ganz andere ist, und die Fahreignungzweifel bei einer Dauerbehandlung mit Arzneimitteln auch über ein fachärztliches Gutachten auszuräumen ist.
Bei der Fragestellung zur Dauerbehandlung mit Arzneimittel (Anlage 4 Punkt 9.6) ist zu klären, ob durch die Dauerbehandlung mit dem Arzneimittel eine Vergiftung vorliegt, oder die körperlich-geistige Leistungsfähigkeit permanent unter das erforderliche Maß herabgesetzt ist. Bei THC ist ferner die Indikation genau zu prüfen. Das heißt, es muss eine Grunderkrankung vorliegen, die die Fahreignung ohne die THC Behandlung einschränken oder gar ausschließen würde. Eine genaue, sprich offizielle Leitlinie zur Beurteilung von THC-Medikamenten, gibt es nicht. Es wird lediglich darauf verwiesen, dass eine Einzelfall-orientierte Beurteilung unter Beachtung weiter Kriterien wie Dosis, Einstellung, kontrollierte Einnahme usw., zu erfolgen hat.

Kreative Begutachtung?
Bei der „Arzneimittelfrage“ sollte man sich das Begutachtungsinstitut sorgfältig aussuchen. Es ist auch schon vorgekommen, dass einem Dronabinolpatienten die Fahreignung durch ein Begutachtungsinstitut abgesprochen wurde, mit der Begründung … haltet euch fest …
„Durch die Dauerbehandlung mit einem THC-haltigen Medikament verstoße der Patient dauerhaft gegen § 24a StVG, daher sei die Fahreignung nicht gegeben.“
Die Gutachterin war hier wohl der Auffassung sich ihre rechtlichen Rahmenbedingungen selber kreieren zu müssen, um die Fahreignung des Betroffenen ausschließen zu können. Die Allmacht der Gutachter scheint offensichtlich kaum Grenzen zu kennen. Ein Betroffener hat hier kaum eine Möglichkeit, gegen solche offensichtlichen Mängel vorzugehen. Im Zweifelsfall fällt den Gutachtern dann eben ein anderer Grund ein, die Fahreignung auszuschließen.

Was nun? Was tun?
Cannabispatienten sollten bei einer Verkehrsteilnahme nach Möglichkeit immer das Rezept bzw. die Ausnahmegenehmigung zur medizinischen Verwendung von Cannabis bei sich führen.
Bei einer Verkehrs- bzw. Drogenkontrolle sollte ein Urinschnelltester mit dem Verweis auf eine medizinische Einnahme von Cannabis verweigert werden. Einer Blutentnahme sollte dagegen zugestimmt werden. Im Zweifelsfall holen sich die Beamten sowieso eine richterliche Anordnung zur Blutentnahme.
Nach einer solchen Verkehrskontrolle muss mit einer weitergehenden Überprüfungsmaßnahme seitens der Behörde gerechnet werden. Daher sollte man bei der Verkehrskontrolle auch erst mal keine weiteren Angaben zur Einnahmehäufigkeit oder Dosierung machen. Auch sollte das Medikament NICHT eigenständig abgesetzt werden, da dies die medizinische Indikation in Frage stellt.
 
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